OLG Frankfurt a.M. – Kein Unterlassungsanspruch gegen Äußerungen in einem Sachverständigen-Gutachten, da Werturteil
Sachverhalt und Begründung des Urteils:
Sachverhalt: Ein ehemaliger Schiedsrichter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) klagte gegen Äußerungen, die in einem Gutachten eines vom DFB beauftragten Rechtsanwalts gemacht wurden. Der Kläger hatte 2005 den Fußball-Wettskandal aufgedeckt und sich in einem Interview 2017 öffentlich zu den Verantwortlichen geäußert. Der DFB beauftragte daraufhin den Beklagten mit einer Untersuchung der Vorwürfe. Der Kläger behauptete, dass das Gutachten unvollständige, falsche oder sinnentstellende Zeugenaussagen enthalte und forderte Unterlassung sowie eine Geldentschädigung von 15.000 Euro (Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen) (RSW).
Begründung des Urteils: Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wies die Klage ab und führte aus, dass die Äußerungen in dem Gutachten dem sogenannten Sachverständigenprivileg unterfallen und als Werturteil einzustufen sind. Dies gilt auch, wenn sie äußerlich wie Tatsachenbehauptungen erscheinen. Das Gutachten sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen und der Kläger habe durch seine eigenen Aussagen die Auseinandersetzung über die Arbeitsweise der Schiedsrichter selbst eröffnet.
Das Gericht stellte klar, dass das Recht des Gutachters auf freie Meinungsäußerung und Berufsfreiheit das Schutzinteresse des Klägers überwiegt. Eine Ausnahme gelte nur, wenn der Gutachter grob sorgfaltswidrig vorgegangen wäre, was hier nicht der Fall war. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Kläger kann eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen (Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen) (Kostenlose Urteile).
Zusammenfassend entschied das OLG Frankfurt, dass der Kläger die gutachterlichen Äußerungen hinnehmen muss, da sie durch das Sachverständigenprivileg geschützt und als Werturteile zu bewerten sind. Das Recht auf Meinungsfreiheit und Berufsfreiheit des Gutachters überwog in diesem Fall die Persönlichkeitsrechte des Klägers.
Wie entschied das Landgericht Frankfurt a.M. in gleicher Sache in 1. Instanz?
Entscheidung des Landgerichts Frankfurt in erster Instanz:
Das Landgericht Frankfurt hatte in der ersten Instanz über den Fall entschieden, in dem ein ehemaliger DFB-Schiedsrichter gegen Äußerungen in einem Gutachten eines vom DFB beauftragten Rechtsanwalts klagte. Der Schiedsrichter verlangte die Unterlassung und den Widerruf dieser Äußerungen sowie eine Entschädigung von 15.000 Euro. Das Landgericht Frankfurt hatte dem Eilantrag des Klägers nur zu einem geringen Teil stattgegeben und im Übrigen abgewiesen. Das Gericht sah keine ausreichende Grundlage für die vollständige Unterlassung und Widerruf der Äußerungen, da sie unter das Sachverständigenprivileg fielen und als Werturteil einzuordnen waren.
Entscheidung des OLG Frankfurt in zweiter Instanz:
In der Berufung entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main, dass die Äußerungen im Gutachten grundsätzlich dem Sachverständigenprivileg unterfallen und daher als Werturteil anzusehen sind. Auch wenn sie äußerlich den Anschein von Tatsachenbehauptungen erweckten, sei es die Aufgabe eines Gutachters, auf Basis seiner Sachkunde bestimmte Tatsachen zu bewerten und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Das OLG betonte, dass das Gutachten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war und der Kläger durch seine eigenen Aussagen die Auseinandersetzung über die Arbeitsweise der Schiedsrichter selbst eröffnet hatte.
Leitsätze des Urteils:
- Sachverständigenprivileg: Schlussfolgerungen und Ergebnisse in einem privaten Gutachten unterfallen grundsätzlich dem Sachverständigenprivileg und sind als Werturteil einzuordnen, auch wenn sie äußerlich in die Form einer Tatsachenbehauptung gekleidet sind.
- Abwägung der Interessen: Bei der Abwägung der betroffenen Interessen überwiegt das Recht des Gutachters auf freie Meinungsäußerung und Berufsfreiheit das Schutzinteresse des Klägers, es sei denn, der Gutachter wäre methodisch grob sorgfaltswidrig vorgegangen und hätte die Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers in Kauf genommen.
- Berufsehre: Soweit die Äußerungen die Berufsehre des Klägers verletzen, wiegt dies nicht schwer, insbesondere weil das Gutachten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war und der Kläger selbst durch seine Aussagen die Auseinandersetzung eröffnet hatte.
Das Urteil des OLG Frankfurt ist nicht rechtskräftig, und der Kläger kann eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen (Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen) (Kostenlose Urteile) (RSW).
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