FAQ zur Meinungsfreiheit und Unternehmenskritik
Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen sind unterschiedlich: Erstere sind beweisbar und entweder wahr oder falsch, letztere subjektiv und durch Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG) geschützt, auch wenn sie überzogen oder emotional sind. Meinungsfreiheit findet ihre Grenze bei Schmähkritik, Beleidigungen, übler Nachrede und Verleumdung, die rechtlich geahndet werden können. Auch Unternehmen müssen sich an die Meinungsfreiheit halten und kritische Bewertungen tolerieren, solange diese nicht inhaltlich unwahr oder als Schmähkritik eingestuft werden. Bezüglich der Unternehmensbewertungen ist die Rechtslage kontrovers, besonders bei Bewertungen ohne tatsächlichen Kundenkontakt, die laut BGH rechtswidrig sein können, wenn das Unternehmen den Kundenkontakt bestreiten kann und keine Überprüfung seitens des Bewertungsportals erfolgt.
1. Was sind Tatsachenbehauptungen und was sind Meinungsäußerungen?
Es ist zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen zu unterscheiden. Meinungsäußerungen sind durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt. Ein Beispiel für eine Meinungsäußerung wäre: „Ich denke, dass das neue Gesetz schlecht ist.“ Solche Aussagen sind subjektiv und können nicht objektiv als wahr oder falsch bewertet werden.
Tatsachenbehauptungen hingegen sind Äußerungen, die einem Beweis zugänglich sind. Sie können durch objektive Beweise verifiziert oder falsifiziert werden. Ein Beispiel für eine Tatsachenbehauptung wäre: „Das neue Gesetz wurde am 1. Januar 2024 verabschiedet.“ Solche Aussagen sind entweder wahr oder unwahr.
Meinungsäußerungen werden durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Fall 1 GG) geschützt. Dies bedeutet, dass jeder das Recht hat, seine Meinung frei zu äußern. Auch Tatsachenbehauptungen werden durch die Meinungsfreiheit geschützt, wenn sie als Grundlage für die Bildung von Meinungen dienen können. Zum Beispiel kann die Tatsache, dass ein bestimmtes Gesetz verabschiedet wurde, als Grundlage für eine Meinung darüber dienen, ob dieses Gesetz gut oder schlecht ist.
Der Schutz der Meinungsfreiheit umfasst daher beide Arten von Äußerungen, um einen freien und offenen Diskurs in der Gesellschaft zu gewährleisten. Durch diesen Schutz soll sichergestellt werden, dass eine Vielzahl von Informationen und Meinungen in die öffentliche Debatte einfließen können, was für eine funktionierende Demokratie unerlässlich ist.
2. Wie weit geht die Meinungsfreiheit?
Die Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, das sehr weitreichend ist. In Deutschland ist die Meinungsfreiheit im Grundgesetz (Art. 5 GG) verankert und umfasst ein breites Spektrum an Äußerungen, einschließlich solcher, die unbegründet, ungerecht, emotional, wertlos, scharf, überzogen, überspitzt, polemisch, ausfällig, satirisch oder zynisch sind.
Es gibt jedoch auch Grenzen der Meinungsfreiheit. Diese Grenzen sind insbesondere dort erreicht, wo andere Grundrechte oder Rechtsgüter verletzt werden. Dazu zählen unter anderem:
Beleidigung (§ 185 StGB): Persönliche Angriffe, die die Ehre einer Person verletzen.
Üble Nachrede (§ 186 StGB): Das Verbreiten von Tatsachenbehauptungen, die geeignet sind, jemanden verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, wenn diese Behauptungen nicht nachweislich wahr sind.
Verleumdung (§ 187 StGB): Das Verbreiten von wissentlich falschen Tatsachenbehauptungen, die jemanden in der öffentlichen Meinung herabwürdigen.
Volksverhetzung (§ 130 StGB): Das Aufstacheln zu Hass gegen Teile der Bevölkerung oder das Aufrufen zu Gewalt oder Willkürmaßnahmen gegen sie.
Verletzung der persönlichen Ehre: Hierzu zählt auch die Schmähkritik, die nicht mehr sachbezogen, sondern gezielt diffamierend ist.
Trotz dieser Einschränkungen bleibt die Meinungsfreiheit ein wesentliches Element der demokratischen Gesellschaft, das sicherstellt, dass Menschen ihre Ansichten und Ideen frei äußern können. Selbst scharfe, satirische oder polemische Äußerungen haben ihren Platz und tragen zu einem lebendigen öffentlichen Diskurs bei.
3. Wo liegt die Grenze der Meinungsfreiheit?
Die Meinungsfreiheit ist ein fundamentales Recht in vielen demokratischen Gesellschaften, aber sie ist nicht absolut und hat bestimmte Grenzen. Diese Grenzen variieren je nach Land und rechtlichem Rahmen, aber es gibt einige allgemeine Prinzipien, die weltweit anerkannt sind.
Allgemeine Grenzen der Meinungsfreiheit:
Gesetze gegen Beleidigung, Verleumdung und üble Nachrede: Die Meinungsfreiheit endet, wo die Rechte anderer Menschen beginnen. Beleidigende, verleumderische oder diffamierende Aussagen, die den Ruf und die Ehre anderer Menschen verletzen, sind in vielen Ländern verboten.
Hassrede und Aufstachelung zu Gewalt: Reden, die Hass gegen bestimmte Gruppen (z.B. aufgrund von Rasse, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung) schüren oder zu Gewalt aufrufen, sind in vielen Ländern untersagt.
Staatssicherheit und öffentliche Ordnung: Äußerungen, die die nationale Sicherheit gefährden oder zu Unruhen und Aufständen führen könnten, sind häufig eingeschränkt. Dazu gehören beispielsweise die Verbreitung von Staatsgeheimnissen oder Aufrufe zum gewaltsamen Umsturz der Regierung.
Jugendschutz: Inhalte, die als schädlich für Minderjährige angesehen werden, wie pornografisches Material oder gewaltverherrlichende Inhalte, sind oft streng reguliert.
Verletzung von Persönlichkeitsrechten: Dazu gehört der Schutz der Privatsphäre. Veröffentlichungen von privaten Informationen ohne Einwilligung der betroffenen Person können rechtliche Konsequenzen haben.
Spezifische Beispiele:
Deutschland: In Deutschland wird die Meinungsfreiheit durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt, aber es gibt klare Grenzen, wie z.B. durch Gesetze gegen Volksverhetzung (§ 130 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB). Auch die Holocaust-Leugnung ist strafbar.
USA: In den USA wird die Meinungsfreiheit durch den ersten Verfassungszusatz geschützt. Allerdings gibt es auch hier Einschränkungen, z.B. bei Obszönität, Verleumdung, unmittelbarer Bedrohung und im Bereich der nationalen Sicherheit.
Internationale Übereinkommen:
Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK): Artikel 10 der EMRK garantiert die Meinungsfreiheit, erlaubt jedoch auch Einschränkungen, die „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ sind, um z.B. die nationale Sicherheit, die öffentliche Sicherheit, die wirtschaftliche Wohlfahrt des Landes, die Aufrechterhaltung der Ordnung, die Verhütung von Straftaten, den Schutz der Gesundheit oder der Moral oder den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer zu gewährleisten.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist, aber in einem Spannungsverhältnis zu anderen wichtigen Rechten und gesellschaftlichen Interessen steht. Die genaue Abwägung und Festlegung der Grenzen kann komplex und von den jeweiligen rechtlichen und kulturellen Rahmenbedingungen abhängig sein.
4. Wie weit geht die Unternehmenskritik?
Die Unternehmenskritik im Kontext der Meinungsfreiheit ist ein komplexes Thema, das eine Balance zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Schutz der Interessen von Unternehmen erfordert. Die Meinungsfreiheit ist in vielen Ländern, insbesondere in westlichen Demokratien, ein grundrechtlich geschütztes Recht. In Deutschland beispielsweise ist die Meinungsfreiheit durch Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert. Allerdings ist dieses Recht nicht uneingeschränkt und kann durch andere Rechtsgüter begrenzt werden.
Aspekte der Unternehmenskritik im Kontext der Meinungsfreiheit:
Grundrecht auf Meinungsfreiheit:
Jeder Mensch hat das Recht, seine Meinung frei zu äußern, einschließlich der Kritik an Unternehmen. Dieses Recht ist ein zentraler Bestandteil demokratischer Gesellschaften und ermöglicht es, Missstände aufzudecken und Diskussionen anzuregen.
Schutz der Ehre und Reputation von Unternehmen:
Unternehmen haben ebenfalls das Recht, ihre Ehre und Reputation zu schützen. Falsche Tatsachenbehauptungen, Verleumdung oder üble Nachrede können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Dies ist in Deutschland durch das Strafgesetzbuch (StGB) geregelt.
Wahrheit und Meinung:
Eine Unterscheidung muss zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen getroffen werden. Tatsachenbehauptungen sind nachweisbare Aussagen und können auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Unwahre Tatsachenbehauptungen über ein Unternehmen können zu rechtlichen Schritten führen. Meinungsäußerungen hingegen sind subjektive Einschätzungen und unterliegen einem weitergehenden Schutz.
Verhältnismäßigkeit und Interessenabwägung:
In Fällen, in denen die Meinungsfreiheit mit den Rechten eines Unternehmens kollidiert, muss eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Gerichte prüfen, ob die geäußerte Kritik verhältnismäßig ist und ob das Interesse an der freien Meinungsäußerung die Interessen des Unternehmens überwiegt.
Bedeutung der Öffentlichkeit:
Unternehmenskritik, die im öffentlichen Interesse liegt, wie beispielsweise Kritik an Umweltverstößen oder menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, genießt einen besonders hohen Schutz. Hier wird oft ein größeres Gewicht auf das Interesse der Allgemeinheit gelegt, über solche Missstände informiert zu werden.
Plattformen und Medien:
Die Rolle der sozialen Medien und anderer Plattformen ist ebenfalls wichtig. Plattformen müssen oft eine Balance zwischen der Meinungsfreiheit ihrer Nutzer und den Rechten der Unternehmen finden. Es gibt gesetzliche Rahmenbedingungen, wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Deutschland, das soziale Netzwerke verpflichtet, rechtswidrige Inhalte zu entfernen.
Fazit:
Unternehmenskritik ist ein wesentlicher Bestandteil der Meinungsfreiheit und spielt eine wichtige Rolle in der öffentlichen Meinungsbildung. Allerdings endet diese Freiheit dort, wo die Rechte anderer, einschließlich der Rechte von Unternehmen, unangemessen verletzt werden. Es bedarf einer sorgfältigen Abwägung und eines rechtlichen Rahmens, um sowohl die Meinungsfreiheit als auch den Schutz vor unberechtigter und schädlicher Kritik zu gewährleisten.
5. Können auch Nicht-Kunden Bewertungen abgeben?
Umstritten war, ob auch Nicht-Kunden ein Unternehmen bewerten dürfen. Nach einer Meinung war es ausreichend, dass sich der Bewertende in irgendeiner Art und Weise eine Meinung über das Unternehmen gebildet hat. Dafür brauchte er nicht Kunde des Unternehmens zu sein.
LG Augsburg, Endurteil vom 17.08.2017 – 022 O 560/17
Nach anderer Ansicht war eine negative Bewertung ohne Tatsachengrundlage rechtswidrig.
LG Hamburg, Urteil vom 12.01.2018 – 324 O 63/17
LG Lübeck, Urteil vom 13.06.2018 – 9 O 59/17
vgl. auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 17.07.2019 – 3 W 1470/19
Nach dem BGH sind negative Bewertungen, denen kein Kundenkontakt zugrunde liegt, rechtswidrig. Erfolgen die Bewertungen anonym oder unter einem Pseudonym, reicht es aus, wenn das bewertete Unternehmen den Kundenkontakt bestreitet. Das Bewertungsportal muss die Bewertungen dann überprüfen, und wenn es keinen Kundenkontakt feststellen kann, löschen.
BGH, Urteil vom 09.08.2022 – VI ZR 1244/20
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